CHRISTINE KRÖGER

Kampf gegen die Kilos

Trotz zahlreicher Diäten, Fitnessprogramme und vermeintlicher Wundermittel kämpfen viele Menschen immer wieder mit demselben Problem: Das Fett will einfach nicht verschwinden.

Übergewicht zu verlieren kann eine der größten Herausforderungen sein, der sich viele von uns im Laufe des Lebens stellen. Während die Gleichung auf den ersten Blick einfach scheint – weniger Kalorien essen, als man verbrennt – ist die Realität oft viel komplexer.

Die Schwierigkeit, Körperfett zu reduzieren, rührt von einer Vielzahl von Faktoren her, die sowohl unsere Körperphysiologie als auch unsere Lebensumstände betreffen. Hormonelle Imbalancen, genetische Dispositionen, Umwelteinflüsse und sogar psychologische Zustände spielen eine bedeutende Rolle in unserem Kampf gegen das Fett.

Ursachen von Adipositas 

Warum setzen wir überhaupt Fett an? Aus evolutionärer Sicht ist die Fähigkeit, Fett anzusetzen, ein genialer Überlebensmechanismus. Über Jahrtausende hinweg hat sich der menschliche Körper darauf spezialisiert, in Zeiten von Mangel und Hungersnöten effizient Kalorien zu nutzen und Fettreserven anzulegen:

Energiespeicherung: Fettgewebe dient als effizienter Weg, Energie zu speichern. Es ermöglichte unseren Vorfahren, in Zeiten des Nahrungsmangels auf gespeicherte Energie zurück-zugreifen.

Isolation und Schutz: Fett bietet Isolation gegen Kälte und Schutz für innere Organe. In kälteren Klimazonen war ein höherer Fettanteil vorteilhaft, um die Körpertemperatur zu erhalten.

Fortpflanzungsfähigkeit: Bei Frauen ist ein gewisser Grad an Körperfett für die Aufrechterhaltung der Fruchtbarkeit notwendig. Fettgewebe ist entscheidend für die Steuerung der Fort-pflanzungsprozesse.

Energiemetabolismus: Fettzellen sind an der Regulierung des Energiemetabolismus beteiligt, indem sieHormone wie Leptin produzieren, das das Sättigungsgefühl steuert und den Energie-haushalt beeinflusst.

Die Fettspeicherung für schlechte Zeiten, ist also ein tief in unserer Biologie verankertes Programm. Leider kann es nicht »abge-schaltet« werden und steht nun im krassen Gegensatz zu unserem heutigen Leben. Seit etwa einem halben Jahrhundert leben wir in einer Welt, in der kalorienreiche Nahrung jederzeit und für jeden erschwinglich ist – und das rund um die Uhr. Dank moderner Technologie können wir uns Nahrung bequem per Handy-App nach Hause liefern lassen, ohne dabei eine einzige Kalorie zu verbrauchen.

Von der Schwierigkeit Gewicht zu verlieren

Aber warum ist es so herausfordernd, Gewicht zu verlieren und dann das reduzierte Gewicht zu halten? Der Schlüssel dazu liegt in unserer komplexen und effizienten neuroendokrinen Physiologie, die uns vor Gewichtsverlust schützt. Sollte unser Körpergewicht aus irgendeinem Grund sinken, tritt genau dieses System in Aktion, um die verlorenen Energiereserven zügig wiederherzustellen.

Genau hieran scheitern viele Ansätze der Lifestyle-basierten Gewichtsreduktionen. Der Körper reduziert bei anhaltendem Kaloriendefizit seinen Grundumsatz. Eine Gewichtsreduktion von 5 bis 10 Prozent kann dazu führen, dass der tägliche Energiebedarf um bis zu 400 Kalorien sinkt. Das erschwert die Fettverbrennung enorm. Hinzu kommt aber auch noch, dass der Körper in den Sparmodus wechselt und jede einzelne Kalorie sparsam für schlechte Zeiten ansammelt.

Sport ist kein Allheilmittel

Gerade Patienten, die fünfzig Kilo oder mehr zusätzlich mit sich herumtragen, sind gesundheitlich oft  sehr beeinträchtigt und nur eingeschränkt beweglich. Die Schwierigkeit, die übergewichtige Menschen bei körperlicher Betätigung oder beim Sport erleben, ist nicht allein eine Frage des Willens, sondern eine Kombination aus physiologischen und psychologischen Faktoren:

  • Physiologische Herausforderungen: Bei extremem Übergewicht wird jede Bewegung zu einer Herausforderung. Das enorme Gewicht, das getragen werden muss, führt zu einer erhöhten Belastung für Muskeln, Gelenke und das Herz-Kreislauf-System.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit: Übergewicht kann die Beweglichkeit einschränken und die Ausführung bestimmter Übungen erschweren. Darüber hinaus sind viele Sportarten und Fitnessgeräte nicht für übergewichtige Menschen konzipiert, und ihre sportlichen Aktivitäten weiter einschränkt.
  • Chronische Gesundheitsprobleme: Für Dicke,  Übergewichtige Menschen kommt oft erschwerend hinzu, dass sie an Begleiterkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Dies macht es für sie noch schwieriger, körperlich aktiv zu sein. Es ist ein Teufelskreis.
  • Energiehaushalt: Übergewicht bedeutet auch, dass selbst geringe körperliche Aktivitäten einen überproportional hohen Energieaufwand erfordern. Diese erhöhte Anstrengung kann schnell zu übermäßiger Erschöpfung führen, was wiederum die Motivation und Fähigkeit zu regelmäßiger Bewegung stark beeinträchtigt. Der Körper benötigt mit Übergewicht zwar mehr Energie für Bewegung, doch genau diese Notwendigkeit höheren Energieeinsatzes wird oft zum Hindernis für regelmäßiges körperliches Training.
  • Psychologische Barrieren: Übergewichtige Menschen stehen oft vor der zusätzlichen Hürde der Stigmatisierung und Diskriminierung. Dies kann sich verheerend auf ihr Selbstwertgefühl und ihre Motivation auswirken. Die Angst, in öffentlichen Sporteinrichtungen verspottet zu werden oder Scham zu empfinden, ist eine weitere Barriere, die körperliche Aktivitäten erschwert.
  • Obwohl körperliche Betätigung ein Schlüsselelement zur Verbesserung der Gesundheit bei Übergewicht ist, erschweren sowohl die direkten als auch die indirekten Auswirkungen des Übergewichts gerade diese notwendigen Aktivitäten. Es ist ein verzwickter Kreislauf, der oftmals schwer zu durchbrechen ist.